Fahrten zum Lebensmittelpunkt

Doppelwohnsitz:

Bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte berücksichtigt die
Finanzverwaltung im Regelfall nur jene Aufwendungen, die von der
nächstgelegenen Wohnung aus anfallen. Ausnahmen gelten, wenn der
Steuerpflichtige nachweist, dass er neben der nächstgelegenen Wohnung auch
noch eine weiter entfernt liegende unterhält, die den Mittelpunkt seiner
Lebensinteressen bildet. Letzteres nimmt die Finanzverwaltung nur dann an,
wenn dort ein „eigener Hausstand“ unterhalten wird. Die Finanzverwaltung
legt den Begriff des „eigenen Hausstandes“ sehr restriktiv aus. Konnte der
Steuerpflichtige keine eigene abgeschlossene Wohnung am angegebenen
Lebensmittelpunkt nachweisen, strich die Finanzverwaltung in aller Regel
sämtliche Aufwendungen aus der Steuererklärung. Das Finanzgericht (FG)
München hat einer geschiedenen Arbeitnehmerin, die neben ihrer Wohnung am
Beschäftigungsort das Obergeschoss des elterlichen Hauses nutzte, zwar
mangels Kostentragung keinen „eigenen Hausstand“ am Wohnort der Eltern
zugesprochen, jedoch den Mittelpunkt der Lebensinteressen. Die
Steuerpflichtige konnte so ihre Aufwendungen für die Familienheimfahrten
als Werbungskosten geltend machen (FG München, Urteil v. 3.3.2010 – 9 K
3789/08).

Fazit:

Dieses Urteil können all diejenigen für ihre Steuererklärung nutzen,
die zwar keinen eigenen Hausstand, aber den Mittelpunkt ihrer
Lebensinteressen außerhalb ihres Beschäftigungsortes plausibel nachweisen
können. Sie können als Werbungskosten die Fahrten von jener Wohnung aus
geltend machen, die ihrer Arbeitsstätte nicht am nächsten liegt. Gegen das
FG-Urteil läuft ein Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof (Az. VI R
87/10).

Stand: 15. März 2011