Ist ein Vertragsarzt Amtsträger?

Sachverhalt:

Ein Hersteller von Reizstromgeräten wartete mit einem verlockenden
Angebot auf. So verlockend, dass sich auch die Staatsanwaltschaft dafür
interessierte. Das Unternehmen bot niedergelassenen Ärzten hochwertige
Apparaturen für deren Praxis zum Nulltarif bzw. gegen ein stark
reduziertes Mietentgelt, wenn sie Verordnungen über den Bezug der von dem
Unternehmen hergestellten Reizstromtherapiegeräte ausstellten und diese
dem Unternehmen zukommen ließen. Das Angebot wurde rege genutzt, es gingen
von 2004 bis 2008 mehr als 70.000 Verordnungen zu. Das Unternehmen
rechnete die Geräte mit der gesetzlichen Krankenkasse ab.

Urteil 1. Instanz:

Das Landgericht sah darin weder Bestechung noch eine strafbare
Vorteilsgewährung als gegeben. Die Staatsanwaltschaft legte dagegen
Revision ein.

BGH-Beschluss:

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) sah in diesem Fall eine
so gravierende Wichtigkeit, dass er jetzt den Großen Senat bemüht
(Beschluss vom 5. Mai 2011, Az. 3 StR 458/10). Der Senat hält es für die
Entscheidung erheblich, ob ein niedergelassener Vertragsarzt bei der
Behandlung gesetzlich Versicherter als Amtsträger anzusehen ist mit der
Folge, dass die Beteiligten ein Amtsdelikt begehen können. Ist dies zu
verneinen, steht die Frage im Raum, ob der Vertragsarzt Beauftragter der
gesetzlichen Krankenkassen ist.

Fazit:

Die Beantwortung dieser Fragen wird erhebliche Auswirkungen auf die
Strafverfolgungspraxis im Bereich des Pharmamarketings haben. Bis zur
Entscheidung sollten zur Sicherheit aber diverse Angebote abgelehnt
werden.

Stand: 12. Mai 2011