Behandlung von
Ausbildungskosten im Einkommensteuerrecht
Die Aneignung von Wissen und Fähigkeiten ist im heutigen Berufsleben unabdingbare Voraussetzung für ein erfolgreiches Fortkommen.
Dennoch sollte man sich, unabhängig davon, ob man Karriere machen möchte oder nicht, Wissen aneignen, um den Alltag meistern zu können. Der Alltag ist mit vielen, aber vor allem auch sehr hohen Kosten verbunden.
Um diese Kosten decken zu können, ist fast jeder Mensch dazu bestrebt, zu arbeiten bzw. zu Beginn der Berufslaufbahn eine Ausbildung zu absolvieren. Auf Grund dessen sollte man wissen, wie die angefallenen Ausbildungskosten steuerlich behandelt werden.
Im Folgenden möchten wir einen kurzen Einblick in die umfangreiche Thematik der Ausbildungskosten geben.
Zunächst einmal sollte man den Unterschied zwischen Ausbildungskosten und Fortbildungskosten kennen, da die angefallenen Kosten je nach dem unterschiedlich steuerlich behandelt werden.
Ausbildungskosten:
- fallen zu Beginn des Berufslebens an
- Aufwendungen für den erstmaligen Erwerb von Kenntnissen, mit denen man einen Beruf ausüben kann bzw. um Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Erststudium
- je nach Sachverhalt handelt es sich um Kosten der privaten Lebensführung § 12 Nr. 1 EStG, Werbungskosten § 9 EStG oder Sonderausgaben § 10 I Nr. 7 EStG
Fortbildungskosten:
- sind Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen in einem erlernten Beruf zur Fortbildung bzw. zur Vorbereitung auf einen Berufswechsel (Umschulung) entstehen
- anerkannte Studien, die ohne die Verleihung eines akademischen Grades abgeschlossen werden, z. B. Technikerschule
- sind beruflich veranlasst
- es darf sich nicht um eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium handeln
- es handelt sich immer um Werbungskosten § 9 EStG
Kosten, die in allgemeinbildenden Schulen wie z.B. Grundschule, Realschule, Gymnasium, FOS und BOS anfallen, sind Kosten der privaten Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 EStG.
Diese Kosten sind bereits mit dem Kindergeld bzw. dem Kinderfreibetrag abgegolten, auch wenn die tatsächlich angefallenen Kosten, das Kindergeld bzw. den Kinderfreibetrag übersteigen.
Somit sind der Werbungskosten- und der Sonderausgaben-Abzug dieser Kosten ausgeschlossen!
Ausbildungskosten können in zwei Bereiche geteilt werden. Zum einen sind die Kosten, die im Erststudium anfallen und zum anderen die Kosten, die für die erstmalige Berufsausbildung anfallen, den Ausbildungskosten zuzuordnen.
Erststudium:
Voraussetzungen Erststudium:
- Studium an einer Hochschule oder Fachhochschule
- ihm darf kein anderes durch einen Abschluss beendetes Studium oder eine andere abgeschlossene nicht akademische Ausbildung vorangegangen sein
- muss durch eine Hochschulprüfung abgeschlossen werden
- muss einen akademischen Grad vermitteln
- der Abschluss muss berufsqualifizierend sein
Arten Erststudium
Erststudium, nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses
Studium ein einer Universität > beschränkter Sonderausgaben-Abzug nach § 10 I Nr. 7 EStG
Erststudium, im Rahmen eines Dienstverhältnisses
Duales Studium > unbeschränkter Werbungskosten-Abzug nach § 9 EStG
Erstmalige Berufsausbildung:
Voraussetzungen Berufsausbildung:
- berufliche Ausbildung unter Ausschluss eines Studiums
- Maßnahme muss die notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse vermitteln, die zur Aufnahme eine Berufs befähigen
- Ausbildung muss im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgans sein, d. h. auf der Grundlage von Vorschriften durchgeführt werden
- Ausbildung muss vollzeitig sein und eine Mindestdauer von 12 Monaten haben
- Ausbildung muss durch eine staatlich oder durch eine staatlich anerkannte Prüfung abgeschlossen werden. Ist eine Prüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen
- ihr darf keine andere Berufsausbildung beziehungsweise kein abgeschlossenes berufsqualifizierendes Hochschulstudium vorausgegangen sein
- die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufsausbildung wurden ab dem 01.01.2015 im § 9 VI EStG genau definiert. Hintergrund: In der Praxis wurde oftmals vor einer kostenintensiven Ausbildung eine Ausbildung, bspw. als Fahrlehrer abgeschlossen, um die Kosten, einer zweiten kostenintensiven Ausbildung dann als Werbungskosten unbeschränkt abziehen zu können
Arten Berufsausbildung:
Berufsausbildung, nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses
Ausbildung als Physiotherapeutin > beschränkter Sonderausgaben-Abzug nach § 10 I Nr. 7 EStG
Berufsausbildung, im Rahmen eines Dienstverhältnisses
Ausbildung als Steuerfachangestellte > unbeschränkter Werbungskosten-Abzug nach § 9 EStG
Im vorherigen Text haben wir von Sonderausgaben- bzw. dem Werbungskostenabzug gesprochen. Nun möchten wir Ihnen einige Informationen zum jeweiligen Abzug geben:
Sonderausgabenabzug nach § 10 I Nr. 7 EStG
- Abzug in Form von Sonderausgaben ist jährlich auf 6.000,00 € (bis VZ 2011 4.000,00 €) begrenzt
- Der Höchstbetrag ist nicht zu „zwölfteln“
- Kein Verlustvortrag oder –rücktrag nach § 10 d EStG möglich
- Bei Ehegatten im Sinne des § 26 I EStG gilt der Höchstbetrag für jeden in Ausbildung befindlichen Ehegatten
- Für den Zeitpunkt des Abzugs gilt § 11 II EStG
Werbungskostenabzug nach § 9 EStG
- Abzug in Form von Werbungskosten ist unbegrenzt
- Verlustvortrag oder –rücktrag gemäß § 10 d EStG möglich
- Verlust kann in die folgenden Jahren mitgenommen werden und gegebenenfalls das zu versteuernde Einkommen senken
- Verlust kann in ein bereits vergangenes Jahr zurückgetragen werden und gegebenenfalls das zu versteuernde Einkommen nachträglich senken
Man könnte sich fragen, welcher Abzug sinnvoller ist. Diese Fragen möchten wir mit einigen Beispielen skizzieren:
Fall 1
Der Steuerpflichtige hat keine oder nur geringe Einnahmen
Hier ist der Werbungskostenabzug sinnvoller, da bei keinen oder geringen Einnahmen ein Verlust entsteht, der im Vorjahr oder in den darauffolgenden Jahren steuermindernd geltend gemacht werden kann.
Fall 2
Der Steuerpflichtige hat keine oder nur geringe sonstige Werbungskosten.
Hier ist der Sonderausgabenabzug sinnvoller, da es beim Werbungskostenabzug sein kann, dass sich die Aufwendungen nicht auswirken, weil der Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 1.000,00 € nicht überschritten wird. Der Sonderausgaben-Pauschbetrag liegt hingegen nur bei 36,00 € bzw. 72,00 €
Fall 3
Die Bildungsmaßnahme ist sehr teuer
Bei sehr teuren Ausbildungen von mehr als 6.000,00 € jährlich ist es sinnvoller, wenn die Aufwendungen als Werbungskosten abgezogen werden können. Übersteigen die Kosten die Einnahmen, entsteht ein Verlust und dieser kann vor- oder zurückgetragen werden und wirkt sich in anderen Jahren steuermindernd aus. Der den Sonderausgaben-Höchstbetrag übersteigende Betrag, würde bei der Berücksichtigung als Sonderausgaben verfallen
Grundsätzlich können alle mit der Bildungsmaßnahme zusammenhängenden Aufwendungen steuerlich geltend gemacht werden. Beispiele hierfür wären Büromaterial, Teilnahme- und Prüfungsgebühren, Computer, Häusliches Arbeits- oder Studienzimmer, Fahrtkosten für den Weg zur 1. Tätigkeitsstätte, Kosten für auswärtige Unterbringung, usw.
In manchen Situationen ist es dem Steuerpflichtigen evtl. nicht möglich, die angefallenen Ausbildungskosten selbst zu bezahlen. Was in solchen Fällen passiert…:
Steuerpflichtige bezahlt die Aufwendungen für seine Ausbildung selbst
Aufwendungen kann der Steuerpflichtige in der eigenen Steuererklärung unterbringen
Eltern bezahlen die Aufwendungen für die Ausbildung ihres Kindes Aufwendungen, die die Eltern für ihr Kind gezahlt haben, können sie nicht in ihrer Steuererklärung als Werbungskosten oder Sonderausgaben geltend machen, da mit Kindergeld und den Freibeträgen alle Aufwendungen abgegolten sind. Das gilt auch, wenn die Ausbildungskosten das Kindergeld und die Freibeträge übersteigen. Das Kind kann die Ausbildungskosten, die von seinen Eltern bezahlt wurden, ebenfalls nicht steuerlich geltend machen, es sei denn, es handelt sich um einen sog. Abkürzung des Zahlungsweges
Arbeitsgeber bezahlt die Aufwendungen
Die Übernahme der Kosten einer Bildungsmaßnahme durch den Arbeitgeber führt nicht zu lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn die Bildungsmaßnahme im betrieblichen Interesse des Arbeitsgebers durchgeführt wird. In Höhe der Erstattungen des Arbeitsgebers kann der Arbeitnehmer keine Kosten geltend machen.
Steuerpflichtige bezieht Bafög
Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge, mit denen die Aufwendungen abgegolten werden, entfällt insoweit der Sonderausgabenabzug
Beenden möchten wir diesen Exkurs mit einer aktuellen Rechtsprechung. Der BFH beschäftigt sich aktuell mit der Verfassungsmäßigkeit der §§ 4 IX (Bereich der Betriebsausgaben), 9 VI (Bereich der Werbungskosten) und 12 Nr. 5 EStG a. F. mit einigen anhängigen Verfahren.
Darum geht es:
Der Gesetzgeber hat Ende 2011 mit dem Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz die erstmalige Berufsausbildung und das Erststudium, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden, als erste Ausbildung dem privaten Bereich zugeordnet und die entsprechenden Kosten vom Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug (vorweggenommene Werbungskosten) ausgeschlossen, und das rückwirkend zum Jahr 2004. Gegen diese rückwirkende Verschlechterung haben sich einzige Steuerpflichtige gewehrt. Da die Klagen bei den Finanzgerichten keine Erfolge hatten, ging der Sachverhalt zum BFH.
Was ist zu tun:
Wer eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium als erste Ausbildung absolviert und die Kosten als Werbungskosten abziehen möchte, sollte die Ausbildungskosten entsprechend in seiner Steuererklärung geltend machen. Lehnt das Finanzamt den Werbungskostenabzug ab (was es in aller Wahrscheinlichkeit machen wird), muss Einspruch eingelegt und mit den Hinweis auf die beim BFH anhängigen Verfahren Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Nur so kann von eventuell positiven Entscheidungen des BFH profitiert werden.
Wir hoffen, dass wir Ihnen einen groben Überblick über das Thema Ausbildungskosten verschaffen konnten.
Falls noch Fragen offen geblieben sind, können Sie sich natürlich gerne an die Kanzlei wenden.
Dr. Kley Steuerberater
Bild: adobeStock 276790943
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