Steuerpflicht für Umsätze einer Privatklinik europarechtswidrig?

Sachverhalt:

Werden ärztliche Heilbehandlungen aller Art, sowie damit eng verbundene
Umsätze von einem Krankenhaus des öffentlichen Rechts oder diverser im
Umsatzsteuerrecht genannter Einrichtungen durchgeführt, sind die
Leistungen steuerfrei. Führt aber eine Privatklinik dieselben Leistungen
durch, sind diese Leistungen umsatzsteuerpflichtig. Begründung: Die
Privatklinik (im Streitfall ging es um eine Klinik-GmbH) erfüllt nicht die
für die Umsatzsteuerfreiheit persönlichen Voraussetzungen, da diese keine
Einrichtung des öffentlichen Rechts ist, so wie vom Gesetz gefordert.

Ansicht des Finanzgerichts:

Das für diesen Fall zuständige Finanzgericht Münster äußerte in seinem
Beschluss vom 18.4.2011 (Az. 15 V 111/11 U) ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der Belastung von Krankenhausumsätzen einer Privatklinik
mit Umsatzsteuer. Es sei danach ernstlich zweifelhaft, ob der Gesetzgeber
die betreffende Vorschrift (es handelt sich dabei um § 4 Nr. 14 des
Umsatzsteuergesetzes) richtlinienkonform umgesetzt hat.

Nach Ansicht des Gerichts würde der Grundsatz der steuerlichen
Neutralität es verbieten, dass Wirtschaftsunternehmen, die gleiche
Leistungen unter vergleichbaren Umständen erbringen, bei der
Umsatzbesteuerung unterschiedlich behandelt werden.

Tipp:

Betroffene Ärztinnen und Ärzte können sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst.
b der insofern maßgeblichen Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSyStRL)
berufen. Danach sind die Umsätze privatrechtlich organisierter
Krankenanstalten umsatzsteuerfrei, wenn sie unter Bedingungen erbracht
werden, die auch für ein öffentlich-rechtliches Krankenhaus gelten.

Stand: 12. August 2011

Patientenrechte sollen gestärkt werden

Patientenrechte:

Seit geraumer Zeit plant Bundesjustizministerin
Leutheusser-Schnarrenberger, Patientenrechte zu stärken.

Dabei sollen Belange wie der Behandlungsvertrag sowie bestimmte
Aufklärungs- und Dokumentationspflichten gesetzlich geregelt werden.

Behandlungsvertrag:

Es ist künftig ein Behandlungsvertrag abzuschließen, der die Patienten
verständlich und umfassend über die erforderlichen Untersuchungen,
Diagnosen und beabsichtigten Therapien hinweisen muss, sowie auch auf
selbst zu tragende Kosten.

Aufklärungspflichten:

Danach soll der Arzt künftig über die konkrete Behandlung und die sich
daraus ergebenden Risiken aufklären, und zwar in einem persönlichen
Gespräch. Ein schriftliches Dokument welches die Risiken aufzeigt, soll
nicht ausreichen.

Dokumentationspflichten/Haftung:

Patienten sollen ein gesetzliches Recht auf Akteneinsicht bekommen.
Dies auch, um in Haftungsfällen mehr Transparenz zu schaffen. Der Arzt/die
Ärztin wird danach verpflichtet, eine umfassende Krankenakte zu führen.
Auch die Beweislastverteilung soll ausdrücklich gesetzlich geregelt
werden.

Stand: 12. August 2011

Vertragsarztzulassung als selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut

Materielle und ideelle Werte:

Erwirbt ein Arzt eine bestehende Praxis, wird ein mehr oder minder
hoher Anteil des Gesamtkaufpreises auf einen ideellen Wert fallen. Im
Fall, den das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden hat, waren das
440.000 DM aus dem Gesamtkaufpreis von 498.000 DM. Die Aufwendungen
schrieb der Arzt ab. Die Finanzverwaltung gelangte nach einer
Betriebsprüfung zu der Auffassung, dass die Hälfte des für den ideellen
Teil entrichteten Kaufpreises als wirtschaftlicher Vorteil einer
Vertragsarztzulassung zu werten sei. Daraufhin wurden dem Arzt die
Abschreibungen nachträglich gekürzt.

FG Urteil:

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz folgte der Argumentation der
Finanzverwaltung allerdings nicht, dass der „wirtschaftliche Vorteil einer
Vertragsarztzulassung” ein gesondert zu bewertendes Wirtschaftsgut sei.
Vielmehr handelt es sich um einen wertbildenden Faktor des Wirtschaftsguts
„Praxiswert” im Rahmen des Gesamtkaufpreises zum Erwerb der
Vertragsarztpraxis. Folge: Die Aufwendungen können vom Arzt danach
abgeschrieben werden.

Revision beim BFH:

Über diese Frage ist beim Bundesfinanzhof (BFH) derzeit ein Verfahren
anhängig (Az. VIII R 13/08).

Ärztinnen und Ärzte können sich in gleichgelagerten Fällen durch
Rechtsmittel auf dieses Urteil berufen.

Stand: 12. August 2011

Gewerbesteuerfreiheit einer Privatklinik

Gewerbesteuer:

Krankenhäuser unterliegen grundsätzlich keiner Gewerbesteuerpflicht.
Dies gilt uneingeschränkt für öffentlich-rechtliche Kliniken. Handelt es
sich um eine Privatklinik, müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein,
u.a. müssen mindestens 40 % der jährlichen Belegungstage oder
Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für
allgemeine Krankenhausleistungen berechnet werden. Danach darf der Anteil
der Wahlleistungen nicht mehr als 60 Prozent betragen (§ 3 Nr. 20b des
Gewerbesteuergesetzes).

Vereinbarung mit Grundgesetz:

Wird die Grenze für Wahlleistungen überschritten und tritt für den
gesamten Gewerbeertrag Steuerpflicht ein, sieht das Finanzgericht
Baden-Württemberg darin keinen Verstoß gegen das Grundgesetz.

Der Gesetzgeber sei nach Auffassung der Richter nicht gehalten,
„sämtliche Krankenhäuser unabhängig von der Höhe der jeweils berechneten
Pflegesätze von der Gewerbesteuer zu befreien“ (Urt.v. 12.4.2011 3 K
526/08).

Stand: 12. August 2011