Steuersenkungsbeschlüsse der Bundesregierung

Kalte Progression:

Unter der so genannten kalten Progression wird die Besteuerung von
Einkommenserhöhungen verstanden, die dem Einkommensempfänger also keinen
realen Einkommenszuwachs bringen, weil sie nur die Inflation ausgleichen.
Die Folge der kalten Progression ist, dass den Ärztinnen und Ärzten real
weniger netto bleibt. Nach den Plänen der Bundesregierung vom November
soll die kalte Progression durch eine Anhebung des Grundfreibetrages und
durch das Verschieben des Steuertarifs „nach rechts“ abgebaut werden. Die
Steuerentlastungen sollen in zwei Stufen erfolgen, 2013 und 2014. 2013
sollen dadurch Steuerentlastungen von 2 Mrd. € und 2014 von 4 Mrd. €,
insgesamt also 6 Mrd. € gewährt werden.

Bessere Leistungen für Demenzkranke:

Ein Teil der Steuererleichterungen dürfte durch die geplante Erhöhung
der Pflegeversicherungsbeiträge allerdings wieder zunichte gemacht werden.
Die Pflegeversicherungsbeiträge sollen ab 2013 um 0,1 % erhöht werden.

Steuervereinfachungsgesetz 2011:

Geringfügige Steuerermäßigungen enthält auch bereits das im September
2011 beschlossene Steuervereinfachungsgesetz 2011. Für angestellte
Ärztinnen und Ärzte erhöht sich der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von bisher
920 € auf 1.000 € ab Dezember 2011.

Stand: 12. November 2011

Wert einer Arztpraxis

Der Fall:

Ein Facharzt für Orthopädie hatte eine Arztpraxis erworben. Der Arzt
schrieb die vollen Anschaffungskosten nach steuerlichen Vorschriften ab.
Das Finanzamt kürzte die Abschreibung aber um die Hälfte mit dem Argument,
dass 50 % des Kaufpreises auf den wirtschaftlichen Vorteil einer
Vertragsarztzulassung entfallen würde.

Das Urteil:

Der Bundesfinanzhof folgte der Finanzverwaltung nicht. Der Praxiswert
sei ein „erworbenes Chancenpaket“, welches sich aus verschiedenen
wertbildenden Einzelbestandteilen zusammensetzen würde. Richtet sich der
Kaufpreis einer Praxis nach dem Verkehrswert, lässt sich von dem
Praxiswert kein gesondertes Wirtschaftsgut „Vorteil aus der
Vertragsarztzulassung“ abspalten, so der BFH.

Vertragsarztzulassung:

Aus dem Urteil geht weiter hervor, dass „Bewertungsversuche“ der
Finanzverwaltung im Hinblick auf den Wert einer Vertragsarztzulassung ins
Leere gehen. Denn nach BFH ist eine gesonderte Bewertung des Vorteils aus
der Zulassung nicht möglich, weil ein sachlich begründbarer Aufteilungs-
und Bewertungsmaßstab nicht ersichtlich ist (Urt. v. 9.8.2011 Az. VIII R
13/08).

Stand: 12. November 2011

Aktuelle Rechtsprechung zu umsatzsteuerfreien Heilbehandlungen

Umsatzsteuerfrei: Zellen-Implantation und Hygieneleistungen

Knorpelzellen-Implantation:

Umsätze aus dem Herauslösen von Gelenkknorpelzellen und ihre
anschließende Vermehrung zur Reimplantation sind als Heilbehandlung im
Bereich der Humanmedizin steuerfrei. Dies gilt auch, wenn
Leistungsempfänger Ärzte oder Kliniken aus anderen EU-Mitgliedstaaten
sind.

Geklagt hat ein Biotechnologie-Unternehmen. Die Finanzverwaltung
behandelte die Umsätze aus der Zellkultivierung als umsatzsteuerpflichtig.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hingegen vertrat die Auffassung, dass
Laborleistungen dieser Art zu einer Steuerbefreiung führen, wenn sie von
Ärzten oder im Rahmen der Ausübung eines arztähnlichen Berufes erbracht
worden sind (Urt. v. 29.6.2011 XI R 52/07 DStRE 2011, 1335).

Hygienische Leistungen für Ärzte:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat außerdem die Umsatzsteuerfreiheit
hygienischer Leistungen durch Ärzte für Ärzte bestätigt (Urteil vom 18.
August 2011 V R 27/10). Geklagt hat ein Facharzt für Mikrobiologie,
Virologie und Infektionsepidemie. Er führte in Kooperation mit einer
Laborpraxis u.a. krankenhaus- und praxishygienische Betreuungen,
Beratungen, Bewertungen und Fortbildungen durch. Die einzelnen Leistungen
stellte er in Rechnung – ohne Umsatzsteuer. Das Finanzamt beurteilte alle
Leistungen als steuerpflichtig. Der BFH vertrat die Auffassung, dass diese
klagegegenständlichen Leistungen als Heilbehandlungsleistung nach § 4 Nr.
14 UStG steuerfrei sind.

Fazit:

In zwei neuen Urteilen hat der Bundesfinanzhof die Umsatzsteuerfreiheit
ärztlicher Leistungen erweitert. Das letztgenannte Urteil V R 27/10 zeigt,
dass die Umsatzsteuerfreiheit für Heilbehandlungsleistungen nicht
ausschließlich für die direkte und unmittelbare, sondern auch für die
mittelbare Leistungserbringung an den Patienten gilt, sofern die übrigen
Voraussetzungen gegeben sind.

Stand: 12. November 2011

Honorarabgrenzung 2012

Zuflussprinzip:

Nach dem im Einkommensteuerrecht maßgeblichen Zuflussprinzip gelten
Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres als bezogen, in dem sie dem
Betreffenden zugeflossen sind. Das bedeutet, dass im Rahmen einer
Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschuss-Rechnung (diese
Gewinnermittlungsart findet bei selbstständigen Ärztinnen und Ärzten
Anwendung) alle innerhalb eines Kalenderjahres zugeflossenen Einnahmen den
Gewinn dieses Kalenderjahres erhöhen.

Ausnahme:

Für einen möglichst niedrigen Gewinn müssen demzufolge „nur“ Einnahmen
ins nächste Kalenderjahr verschoben werden. Letzteres gilt jedoch für
regelmäßig wiederkehrende Einnahmen im Regelfall nicht, wenn sie dem
Arzt/der Ärztin kurze Zeit vor oder kurze Zeit nach Beendigung des
Kalenderjahres zugeflossen sind, zu dem sie wirtschaftlich gehören.

Der Bundesfinanzhof (BFH) zählte hierzu Resthonorare der
Kassenärztlichen Vereinigung für das dritte Quartal eines Kalenderjahres,
die im Januar des Folgejahres ausgezahlt worden sind (BFH Az. IV R
63/94).

10-Tage Frist:

Als „kurze Zeit“ i.S. obiger Vorschrift versteht die Finanzverwaltung
jedoch nur einen Zeitraum von bis zu zehn Tagen. Folge: Werden regelmäßig
wiederkehrende Einnahmen erst nach dem 10. Januar des Folgejahres auf das
Konto gebucht, können diese dennoch erst im Folgejahr versteuert
werden.

Stand: 12. November 2011