Steuerliche Beurteilung von Pflegekräften

Hauspflege als gewerbliche Tätigkeit

Hauspflegedienste

Die Oberfinanzdirektion Frankfurt hat in einer aktuellen Verfügung (vom 02.04.2015, S 2246 A -23 -St 210) zur steuerlichen Behandlung der Hauspflegedienste im Bereich der Kranken- und Altenpflege Stellung genommen. In der Praxis ergeben sich vielfach Probleme bei der Einordnung der Tätigkeit unter eine der Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes. Konkret stellt sich die Frage, ob der Hauspflegedienst Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder einer selbstständigen Tätigkeit erzielt.

Gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit

Zur Abgrenzung zwischen einer gewerblichen (mit der Folge einer Gewerbesteuerpflicht) und einer selbstständigen, freiberuflichen Tätigkeit kommt es nach Auffassung der Finanzverwaltung darauf an, ob die Tätigkeit jener einer „ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit“ entspricht. Liegt eine solche Tätigkeit vor, übt der Betreffende eine selbstständige Tätigkeit aus. Es besteht dann keine Gewerbesteuerpflicht.

Berufsausbildung, Zulassung

Eine „ähnliche heilberufliche Tätigkeit“ bedingt stets eine entsprechende Ausbildung. Fehlt eine solche, nimmt die Finanzverwaltung dennoch eine selbstständige Tätigkeit an, wenn der Pflegekraft eine Zulassung durch die zuständigen Stellen der Krankenkassen erteilt wurde.

Vermittlung von Pflegekräften

Das niedersächsische Finanzgericht hat sich mit der Beurteilung der Umsatzsteuerpflicht von osteuropäischen Pflegekräften auseinanderzusetzen, die über eine Agentur an hilfsbedürftige Menschen vermittelt werden. Zu entscheiden war die Frage, ob die Dienstleistungen selbstständig oder nichtselbstständig erbracht werden. Davon hing u. a. die Frage ab, ob die von der Vermittlungsagentur vereinnahmten Entgelte für die Betreuung der Pflegebedürftigen durchlaufende Posten waren. Dann wären diese dem steuerpflichtigen Umsatz der Vermittlungsagentur nicht hinzuzurechnen.

Sachverhalt

Entscheidend in dem Sachverhalt war u. a., dass die Betreuungskräfte jeweils ein selbstständiges Gewerbe angemeldet hatten. Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen nahm eine selbstständige Tätigkeit unter folgenden Gesichtspunkten an: Die Betreuungskräfte übten die Tätigkeit auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung aus. Sie trugen auch das Unternehmerrisiko und unterlagen in ihrer alltäglichen Arbeitszeit nicht einer Weisungsgebundenheit (Urteil vom 20.11.2014, 5 K 32/13, Revision anhängig Bundesfinanzhof Aktenzeichen: V R 3/15).

Stand: 28. August 2015

Bereitschaftszeitvergütung

Mindestlohn nicht zwingend

Bereitschaftszeiten

Arbeitnehmer müssen sich in Bereitschaftszeiten an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufnehmen zu können. In Bereitschaftszeiten überwiegen die Zeiten ohne Arbeitsleistung. Bereitschaftszeiten müssen dennoch vergütet werden.

Rettungsdienst

Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst müssen dabei nicht zwingend in Höhe des Mindestlohnes vergütet werden, wenn tarifvertragliche Bestimmungen andere Vergütungssätze vorsehen. Das Arbeitsgericht (AG) Aachen hat namentlich die „tarifvertraglichen Bestimmungen im Abschnitt B des Anhangs zu §9 TVöD zu Bereitschaftszeiten im Rettungsdienst und in den Leitstellen“ für weiterhin anwendbar erklärt (Urteil vom 21.04.2015, 1 Ca 448/15h). Streitig war, ob einem Rettungssanitäter für jede Stunde Bereitschaftszeit eine zusätzliche Vergütung von € 8,50 zu zahlen sei. Das Gericht verneinte dies.

Stand: 28. August 2015

Zahnaufhellungen

Bleaching als Teilleistung der Heilbehandlung umsatzsteuerfrei

Bundesfinanzhof

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil klargestellt, dass Zahnaufhellungen zum Zweck der Beseitigung behandlungsbedingter Zahnverdunkelungen umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen darstellen (Urteil vom 19.03.2015, V R 60/14). Kennzeichnend für den Streitfall war, dass die Bleaching-Behandlung nach einer Wurzelbehandlung erfolgte.

Bleaching als Folgebehandlung

Unstreitig ist stets eine Zahnaufhellungsbehandlung rein kosmetischer Natur. Der BFH sah die Bleaching-Maßnahme jedoch als Folgebehandlung der – umsatzsteuerfreien – Wurzelbehandlung an. Dies deshalb, weil sie dem Zweck der Beseitigung der negativen Auswirkungen (der Verdunkelungen) diente. Nach der BFH-Rechtsprechung beschränkt sich die Umsatzsteuerbefreiung für Heilbehandlungen nicht bloß auf die unmittelbaren Leistungen wie Diagnose, Behandlung oder Heilung von Krankheit oder Verletzung. Die Umsatzsteuerbefreiung erstreckt sich auch auf Leistungen, die erst als Folge der Heilbehandlungen erforderlich werden. Die Bleaching-Behandlung gehörte daher als Folgebehandlung zu den steuerfreien Heilbehandlungsleistungen.

Stand: 28. August 2015

Überlassung von Operationsräumen

Sachverhalt

Eine freiberufliche Anästhesistin hat anderen Ärzten ihre Operationsräume samt Ausstattung für ambulante Operationen vermietet. An den Operationen wirkte die Anästhesistin selbst mit. Die Vergütung für die Raumüberlassung erfolgte – auf Basis mündlicher Absprachen – dergestalt, dass der jeweilige Operateur einen Anteil der Vergütung, den er von der Krankenkasse zur Abdeckung des Aufwandes für die Nutzung des OP-Raumes erhielt, an die Anästhesistin weiterleitete. Diese Entgelte erklärte die Anästhesistin als nicht umsatzsteuerpflichtige Umsätze. Die Finanzverwaltung behandelte die Umsätze hingegen als umsatzsteuerpflichtig.

BFH Urteil

Der Bundesfinanzhof verwies den Fall an das erstinstanzliche Finanzgericht Rheinland-Pfalz zurück (Urteil vom 18.03.15, XI R 15/11). Zwar würde die bloße Überlassung von Praxisräumen weder eine ärztliche noch eine arztähnliche Leistung darstellen. Die Erstinstanz prüfte allerdings nicht, ob die klagende Anästhesistin möglicherweise eine einheitliche Heilbehandlung an die Patienten erbracht hat.

Krankenhausleistung

Darüber hinaus ist nach Auffassung des BFH-Senats in jedem Fall zu prüfen, ob eine steuerfreie Krankenhausleistung vorliegt. Ärztinnen und Ärzte sollten daher in ähnlichen Situationen auf die richtige vertragliche Abrede achten. Zu beachten wäre auch ein allgemeines Vorsteuerabzugsrecht, sofern die Raumüberlassung der Umsatzsteuerpflicht unterliegt.

Stand: 28. August 2015

Kulturlinks

„25. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung“, Frankfurt am Main

Zeit: 02.10. – 04.10.2015

25 Jahre deutsche Wiedervereinigung – das gehört gefeiert! Anlässlich dieses Jubiläums schaut ganz Deutschland nach Frankfurt am Main: Vom 2. bis 4. Oktober finden in der Frankfurter Innenstadt die zentralen Feierlichkeiten statt. Zum Programm, das sich über die Fußgängerzone und die wichtigsten Plätze erstrecken wird, gehören Tanz- und Theateraufführungen, Filme und Konzerte.

www.frankfurt.de

„Plakativ. Toulouse-Lautrec und das Plakat um 1900“, Hannover

Zeit: bis 24.01.2016

Erstmalig präsentiert das Sprengel Museum seine umfangreiche Sammlung an Plakatkunst um 1900 in einer großen Sonderausstellung. Gezeigt werden 164 Werke der stilprägenden Vertreter, wie Henri de Toulouse-Lautrec, aber auch besondere Stücke von weniger bekannten Künstlern.

www.sprengel-museum.de

Stand: 28. August 2015

Kulturlinks

Classic Open Air Berlin

Zeit: 02.07. – 06.07.2015

Zum 24. Mal finden Anhänger der klassischen Musik auf dem Gendarmenmarkt in Berlin eine prachtvolle Kulisse für bekannte klassische und moderne Melodien unter freiem Sternenhimmel. Der Startenor Fabio Andreotti wird neben dem international gefeierten Jazz-Pianisten Joja Wendt und weiteren großen Künstlern für einen abwechslungsreichen Konzertabend sorgen.

http://www.classicopenair.de

Frankenfestspiele Röttingen

Zeit: 11.05. – 16.08.2015

Das Freilichttheater im Hof der Burg Brattenstein bietet Unterhaltung auf höchstem Niveau in historischer Atmosphäre. Auf dem Spielplan stehen das Musical „Der geheime Garten“, das Schauspiel „Der Weibsteufel“ und die Operette „Paganini“. Ein besonderer Höhepunkt für Musikfreunde ist das alljährliche feierliche Festkonzert.

http://www.frankenfestspiele.de

Stand: 27. Mai 2015

Sterbegelder aus der Ärzteversorgung

Sterbegeldbezüge als steuerpflichtige sonstige Einkünfte?

Andere Leistungen

„Andere Leistungen“, die von berufsständischen Versorgungseinrichtungen gezahlt werden, unterliegen im Regelfall als „sonstige Einkünfte“ der Einkommensteuerpflicht (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Einkommensteuergesetzes). Eine katalogmäßige Aufzählung der steuerpflichtigen „anderen Leistungen“ enthält das Gesetz nicht. Die Besteuerung „anderer Leistungen“ zählt daher zu den häufigsten Streitpunkten mit dem Finanzamt.

Sterbegelder

So auch in dem Fall, den das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden hatte (Az. 4 K 1203/11). Streitpunkt war ein von der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte gezahltes Sterbegeld. Das FG hat entschieden, dass die Leistung nicht als andere Leistung der Besteuerung unterliegt. Begründung: Es handelt sich hier nicht um kapitalisierte „wiederkehrende Bezüge“.

Auffassung des Bundesfinanzhofs

Gegen das FG-Urteil ist ein Revisionsverfahren anhängig (Az. X R 13/14). Der Bundesfinanzhof hat allerdings in zwei ähnlich gelagerten Verfahren die Steuerpflicht von Einmalleistungen bejaht. In einem Verfahren ging es um die Steuerpflicht einer einmaligen Kapitalzahlung des Versorgungswerks der Apothekerkammer. Für eine Besteuerung als „andere Leistung” sei nach Auffassung des BFH nicht zugleich das Vorliegen wiederkehrender Bezüge maßgeblich (Urt. v. 23.10.2013, X R 3/12). Ebenso als steuerpflichtig wertete der BFH einmalige Teilkapitalleistungen des Zahnärztekammer-Versorgungswerkes (Urt. v. 23.10.2013, X R 21/12). Die Entscheidung in dem anhängigen Revisionsverfahren des FG Baden-Württemberg bleibt also spannend.

Fazit

Ärztinnen und Ärzte müssen auch für einmalige Leistungen aus ihren Versorgungswerken, die keine wiederkehrenden Bezüge darstellen, stets mit einer Einkommensteuerpflicht rechnen. Der BFH hat allerdings auch betont, dass Kapitalleistungen berufsständischer Versorgungseinrichtungen als „außerordentliche Einkünfte“ betrachtet und ermäßigt besteuert werden können.

Stand: 27. Mai 2015

Personalgestellung von Pflegefachkräften

EuGH versagt Umsatzsteuerbefreiung

EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie

Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie soll eigentlich die Umsatzbesteuerung im Rahmen eines gemeinsamen Mehrwertsteuersystems EU-weit einheitlich regeln. Viele darin enthaltene Artikel sind allerdings stark „auslegungsbedürftig“. So auch der Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie (MwStSystRL). Danach befreien die Mitgliedstaaten „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen …, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden“.

Der Fall

Eine Zeitarbeitsfirma hatte Fachkräfte an stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen verliehen. Die von den Einrichtungen erbrachten Leistungen waren nach dem Umsatzsteuergesetz steuerbefreit. Das Finanzamt unterwarf die Verleihtätigkeit dem Regelsteuersatz. Die Zeitarbeitsfirma vertrat hingegen die Auffassung, dass die Steuerbefreiungsvorschrift für die stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen anzuwenden sei.

EuGH-Urteil

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass sich Pflegekräfte, „die ihre Leistungen unmittelbar an Pflegebedürftige erbringen“, oder Zeitarbeitsunternehmen, die solche Pflegekräfte an soziale Einrichtungen vermitteln, nicht auf die Umsatzsteuerbefreiung berufen können. Die Umsatzsteuerbefreiung könne nicht unmittelbar auf das Personal eines Zeitarbeitsunternehmens angewandt werden (EuGH Urteil vom 12.03.2015, Rs C-594/13).

Stand: 27. Mai 2015

Krankengeld unter Progressionsvorbehalt

Krankentagegelder aus privater Krankenversicherung

Progressionsvorbehalt

Unter dem Progressionsvorbehalt wird der Einbezug von dem Grunde nach steuerfreien Einkünften in die Berechnung des ab einer bestimmten Höhe ansteigenden progressiven Steuersatzes verstanden. Der maßgebliche Steuersatz für die steuerpflichtigen Einkünfte errechnet sich unter dem Progressionsvorbehalt somit inklusive der steuerfreien Einkünfte.

Krankengeld

Ein Beispiel für den Progressionsvorbehalt stellen Krankengeldleistungen der gesetzlichen Krankenkassen dar. Krankengelder sind steuerfrei, müssen aber bei der Steuersatzbemessung den übrigen steuerpflichtigen Einkünften hinzugerechnet werden.

Krankentagegeld

Krankentagegelder der privaten Krankenversicherungen unterliegen hingegen nicht dem Progressionsvorbehalt und erhöhen nicht den Steuersatz für die übrigen Einkünfte. Der Bundesfinanzhof (BFH) sah in der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Krankengeldern und Krankentagegeldern keinen verfassungsrechtlichen Verstoß (Urt. v. 13.11.2014, III R 36/13). Vielmehr würden auch nach Einführung des Basistarifs in der privaten Krankenversicherung Unterschiede zwischen den beiden Versicherungssystemen bestehen.

Geringe praktische Bedeutung

Der BFH sah in der Nichteinbeziehung des privaten Krankentagegeldes in den Progressionsvorbehalt bei privat Krankenversicherten im Basistarif eine nur geringe praktische Bedeutung. Denn solche Fälle würden nur selten vorkommen. Selbstständige erhalten nur im Ausnahmefall Krankengeld und Beamtenbezüge würden auch während der Krankheitsdauer fortgezahlt.

Sozialstaatsprinzip

Der BFH sah in der Einbeziehung des Krankengeldes in den Progressionsvorbehalt auch keinen Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip. Neben dem Krankengeld unterliegen auch Verletztengelder, Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz oder Versorgungskrankengelder dem Progressionsvorbehalt.

Stand: 27. Mai 2015

„Aufwandsentschädigungen“ von Internet-Apotheken

Der Fall

Eine niederländische Internet-Apotheke hatte, um ihrer berufsrechtlich geschuldeten Beratung zu genügen, den Patienten für die telefonische oder schriftliche Beantwortung von Fragen zu ihrer Erkrankung und für die Übersendung des Rezeptes eine Aufwandsentschädigung zugesagt. Die Apotheke deklarierte ihre Lieferungen an Privatpatienten als steuerpflichtiges Versandhandelsgeschäft, die Lieferungen an Kassenpatienten als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung an gesetzliche Krankenkassen. Soweit so gut. Der Knackpunkt lag allerdings darin, dass die Apotheke bei den Privatpatientenlieferungen die gezahlten Aufwandsentschädigungen und die an Kassenpatienten geleisteten Beträge von der Umsatzsteuer-Bemessungsgrundlage abgezogen hat.

Bundesfinanzhof

Letzteres ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofes (BFH) nicht zulässig. Die Aufwandsentschädigung darf weder von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen noch als „negative Umsätze“ steuermindernd geltend gemacht werden (Beschluss vom 24.02.2015, V B 147/14).

Stand: 27. Mai 2015