Günstigerprüfung auch nachträglich möglich

Günstigerprüfung

Mit dem Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) können Steuerpflichtige vom Finanzamt überprüfen lassen, ob die Versteuerung ihrer Kapitaleinkünfte zum persönlichen Einkommensteuersatz günstiger wäre, als die Besteuerung mit dem Abgeltungsteuersatz von 25 %. Bislang verweigerten die Finanzämter im Regelfall eine Einkommensteuerveranlagung zum persönlichen Steuersatz, wenn der Antrag auf Günstigerprüfung nachträglich, also nach Eintritt der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides, gestellt worden ist. Ursachen für eine solche nachträgliche Antragstellung können u. a. das nachträgliche Bekanntwerden von Kapitalerträgen oder die Änderung der Einkunftsverhältnisse des Steuerpflichtigen, demzufolge der persönliche Einkommensteuersatz unter 25 % gesunken ist, sein.

BFH-Rechtsprechung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat der bisherigen Finanzamtspraxis nunmehr einen Riegel vorgeschoben. Im Urteil vom 14.7.2020 (Az. VIII R 6/17 BStBl 2021 II S. 92) hat der BFH entschieden, dass Steuerpflichtige einen Antrag auf Günstigerprüfung auch nachträglich stellen können, wenn der Antrag eine Herabsetzung der Steuern erwarten lässt. Der BFH sieht darin ein rückwirkendes Ereignis i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO), welches einen korrekturbedürftigen Zustand auslöst und die Finanzbehörden zur Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide verpflichtet.

Zeitlich unbefristete Antragstellung

Wie der BFH bestätigte, kann ein Antrag auf Günstigerprüfung zeitlich unbefristet gestellt werden. Die Möglichkeit der Stellung eines Antrags auf Günstigerprüfung hat „Sozialzwecknormcharakter“, so der BFH. Es sollen damit die Härten einer abgeltenden Besteuerung von Kapitaleinkünften abgefedert werden.

Stand: 29. Juni 2021

Bild: Andrey Popov – stock.adobe.com

Abgabetermine Einkommensteuererklärung 2020

Verlängerung der Abgabefristen

Angesichts der hohen Zusatzbelastungen durch die Corona-Pandemie wurden die Abgabefristen für die Einkommensteuererklärung 2020 verlängert. Die Abgabefrist für nicht beratene Steuerpflichtige (sogenannte „Selbstabgeber“) wird um drei Monate verlängert und endet anstelle des 31.7.2021 nun erst am 31.10.2021. Für durch Steuerberater angefertigte und abgegebene Einkommensteuererklärungen 2020 räumt die Finanzverwaltung ebenfalls eine Verlängerung der Abgabefrist um drei Monate ein. Abgabetermin ist hier anstelle des 28.2.2022 nunmehr der 31.5.2022. Bis zu diesen Terminen wird kein Verspätungszuschlag erhoben und es fallen auch keine Zinsen auf die Steuernachforderungen an.

Stand: 29. Juni 2021

Bild: rogerphoto – stock.adobe.com

Steueroasen-Abwehrgesetz beschlossen

Gesetzentwurf

Das Bundeskabinett hat am 31.3.2021 den Entwurf eines „Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb und zur Änderung weiterer Gesetze“ (sog. „Steueroasen-Abwehrgesetz“) beschlossen. Ziel eines der letzten Gesetzesvorhaben vor der Bundestagswahl ist es, deutsche Unternehmer und Steuerpflichtige möglichst davon abzuhalten, Geschäftsbeziehungen mit Steueroasen fortzusetzen oder neu zu begründen.

Geplante Maßnahmen

Zu den geplanten Maßnahmen zählt ein Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugsverbot aus Geschäftsbeziehungen mit Bezug zu Steueroasen. Darüber hinaus soll eine verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung für Zwischengesellschaften greifen, die in einer Steueroase ansässig sind. Damit sollen sämtliche aktive und passive Einkünfte solcher Gesellschaften den in Deutschland ansässigen Anteilseignern zugerechnet werden (sogenannte Durchgriffsbesteuerung). Zudem sieht das Gesetz verschärfte Quellensteuermaßnahmen vor. Diese sollen dann greifen, wenn beispielsweise Zinsaufwendungen an in Steueroasen ansässige Personen geleistet werden. Verschärfte Maßnahmen sind auch für Gewinnausschüttungen von einer in einer Steueroase ansässigen Kapitalgesellschaft geplant. Für Gewinne aus Anteilsveräußerungen sollen keinerlei Steuerbefreiungen gelten.

Inkrafttreten

Der Gesetzentwurf wird derzeit im Bundestag beraten und soll noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten.

Stand: 29. Juni 2021

Bild: MQ-Illustrations – stock.adobe.com

Fahrtenbuch versus Pauschalbesteuerung bei E-Autos

Fahrtenbuch

Der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung unterliegt der Einkommensteuer (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 Einkommensteuergesetz – EStG). Der Aufwand für die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches ist regelmäßig hoch. Die formalen Voraussetzungen der Anerkennung durch die Finanzbehörden ebenfalls. So muss nicht nur jede einzelne betrieblich veranlasste Fahrt mit Kilometerstand zu Beginn und am Ende, dem Reiseziel (Straße und Ort), dem Reisezweck und sämtlichen aufgesuchten Geschäftspartnern erfasst werden. Es müssen außerdem die gesamten entstandenen Kosten für das betreffende Fahrzeug in einem Veranlagungszeitraum ermittelt, also jeder Tankbeleg und alle Servicerechnungen gesammelt werden. Die einfachere, wenn auch im Regelfall teurere Lösung ist die pauschale Versteuerung von einem Prozent des Listenpreises zuzüglich 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte als geldwerter Vorteil.

Fahrtenbuch für E-Fahrzeuge

Für Elektrofahrzeuge mit einem Listenpreis bis € 60.000,00 gilt bei Anwendung der Pauschalmethode die sogenannte Viertelregelung. Es muss nur ein Prozent aus einem Viertel des Listenpreises als geldwerter Vorteil versteuert werden. Damit schrumpft der Unterschied zwischen der Pauschal- und der Fahrtenbuchmethode mindestens um ein Viertel. Es stellt sich somit die Frage, ob sich der Aufwand für die Führung eines Fahrtenbuches bei E-Autos noch lohnt.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer erhält einen Dienstwagen mit Verbrennungsmotor zum Listenpreis von € 60.000,00. Er versteuert nach der Ein-Prozent-Regel € 600,00 monatlich (1 % von € 60.000,00), also € 7.200,00 im Jahr (ohne Berücksichtigung der Entfernungen zur ersten Tätigkeitsstätte). Bei Führung eines Fahrtenbuches mit einem Privatanteil von 30 % und jährlichen Kosten von € 10.000,00 wären es nur € 3.000,00. Bei einem E-Auto für € 60.000,00 versteuert der Arbeitnehmer nach der Ein-Prozent-Regel € 1.800,00 (1 % von € 15.000,00 multipliziert mit 12 Monaten). Bei Führung eines Fahrtenbuches unter Zugrundelegung eines Viertels der Gesamtkosten (entspricht € 2.500,00) und einem Privatanteil von 30 % wären es € 750,00. Der Vorteil der Fahrtenbuchführung schrumpft damit von € 4.200,00 auf € 1.050,00.

Stand: 29. Juni 2021

Bild: mpix-foto – stock.adobe.com

Besteuerung der Renteneinkünfte

Besteuerung der Renteneinkünfte

Renteneinkünfte werden seit der Umstellung des Systems der Rentenbesteuerung durch das Alterseinkünftegesetz von 2005 nachgelagert besteuert. Der Gesetzgeber kam damit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nach (Urteil vom 6.3.2002, 2 BvL 17/99 BStBl 2002 II S. 618). Zur Vermeidung von Steuerausfällen wurde der Anteil der als Sonderausgaben abzugsfähigen Rentenbeiträge zunächst auf 60 % beschränkt und seither stufenweise angehoben. Erst ab 2025 können die Rentenbeiträge zu 100 % als Sonderausgabe geltend gemacht werden. Ein Werbungskostenabzug wurde nicht zugelassen. Parallel dazu wurde der steuerpflichtige Anteil der Rentenbezüge im Jahr 2005 auf 50 % festgesetzt, wodurch viele Rentner wieder Einkommensteuererklärungen abgeben mussten. Bis 2040 wird der steuerpflichtige Anteil schrittweise auf 100 % angehoben. Die Anhebung erfolgt in 2 %-Schritten pro Jahr bis 2020 und dann in 1 %-Schritten bis 2040 (§§ 10 Abs. 3, 22 Nr. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz/EStG).

Drohende Doppelbesteuerung künftiger Generationen

Eine Doppelbesteuerung der Rentenbezüge ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass ein Rentenbezieher ab 2040 seine Renteneinkünfte der vollen Besteuerung unterwerfen muss, während er in der Beitragsphase bis 2025 die Beitragszahlungen nur anteilig als Sonderausgabe geltend machen konnte. Nun hat auch der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass das gegenwärtige Besteuerungssystem zu einer Doppelbesteuerung der Renteneinkünfte führt (Urteil vom 19.5.2021 X R 33/19).

Keine Doppelbesteuerung bei Privat- und Kapitalrenten

In einem weiteren Urteil (vom 19.5.2021, X R 20/19) klärte der BFH weitere offene Fragen zur Rentenbesteuerung. Er entschied, dass freiwillige Höherversicherungen in der gesetzlichen Rentenversicherung zusammen mit den normalen Rentenbezügen einheitlich zu versteuern sind. Der BFH entschied auch, dass die regelmäßigen Rentenanpassungen in voller Höhe steuerpflichtig sind. Des Weiteren hat der BFH bei privaten Kapitalrenten keine drohende Doppelbesteuerung gesehen, da diese lediglich mit dem Ertragsanteil besteuert werden. Die Ertragsanteilsbesteuerung verlangt nicht, dass die Beitragszahlungen steuerfrei zu stellen sind.

Stand: 29. Juni 2021

Bild: Photographee.eu – stock.adobe.com

Keine Kilometersätze bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel

Kilometersätze

Entstehen einem Arbeitnehmer Aufwendungen für beruflich veranlasste Fahrten, kann er entweder seine tatsächlichen Aufwendungen oder Kilometerpauschalen geltend machen, die für das jeweils verwendete Fahrzeug gelten. Für Kraftfahrzeuge gilt ein Kilometersatz von € 0,30. Nutzt der Arbeitnehmer andere Verkehrsmittel –, im Streitfall öffentliche Verkehrsmittel – können die Kilometerpauschalen anstelle der tatsächlich entstandenen Kosten nicht angesetzt werden. Dies gilt auch, wenn die tatsächlichen Kosten niedriger als die Kilometerpauschalen sind.

Aktuelles BFH-Urteil

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Klage eines Bundesbetriebsprüfers beim Bundeszentralamt für Steuern abgewiesen. Der Prüfer war zu seinen Außenprüfungen mit Bahn und Flugzeug angereist und wollte dennoch die pauschalen Kilometersätze für die Nutzung eines privaten PKWs ansetzen (Urteil vom 11.2.2021, VI R 50/18; veröffentlicht am 29.4.2021).

Keine Wegstreckenentschädigung

Der BFH hat die Ansicht des erstinstanzlichen Finanzgerichts Hamburg (Urteil vom 2.11.2018, 5 K 99/16) bestätigt, der zufolge die pauschalen Kilometersätze keine allgemeine Wegstreckenentschädigung darstellen würden. Werden öffentliche Verkehrsmittel genutzt, können stets nur die tatsächlich entstandenen Aufwendungen abzüglich Arbeitgebererstattungen als Werbungskosten angesetzt werden.

Stand: 29. Juni 2021

Bild: lovelyday12 – stock.adobe.com

Mindestlohn ab 1.7.2021

Erhöhung des Mindestlohns

Gemäß der von der Mindestlohnkommission festgelegten Mindestlohnanpassungsverordnung erhöht sich der gesetzliche Mindestlohn zum 1.7.2021 um € 0,10 auf € 9,60 je Arbeitsstunde. Bei vierzigstündiger Wochenarbeitszeit beträgt der Brutto-Mindestmonatslohn somit künftig € 1.670,40 (€ 9,60 Mindestlohn multipliziert mit 174 Arbeitsstunden).

Arbeitszeiten bei Minijobbern anpassen

Da der Mindestlohn auch für Minijobber gilt, muss die maximale Arbeitszeit angepasst werden. Minijobber können ab 1.7.2021 nur noch bis zu einer maximalen Regelarbeitszeit von 46,8 Stunden (€ 450,00 Einkommensgrenze dividiert durch € 9,60 Mindestlohn) beschäftigt werden. Sofern nicht bereits geschehen, muss im Arbeitsvertrag die maximale Arbeitszeit dokumentiert sein. Sonst gilt nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden. Unter Berücksichtigung des neuen Mindestlohnes und bei 4,33 Wochen pro Monat wäre die 450,00-€-Grenze damit überschritten.

Stand: 29. Juni 2021

Bild: blende11.photo – stock.adobe.com