Branchenbezogene Besonderheiten
Architekten und Ingenieure
Den Leistungen der Architekten und Ingenieure liegen Leistungsbilder nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zugrunde. In diesem Zusammenhang ist denkbar, dass mit den Architekten und Ingenieuren Teilleistungen vereinbart wurden. In diesem Fall siehe unsere Ausführungen zu Teilleistungen.
Wenn keine Teilleistungen vereinbart werden, richtet sich die Umsatzsteuer für die gesamte Leistung nach dem Zeitpunkt, in dem die letzte Leistungsphase erbracht wird.
Beispiel
In 2016-2017 wurde durch das Architekturbüro A der Bau eines Einfamilienhauses betreut. Für die Leistungsphasen 1-8 wurden in diesen beiden Jahren insgesamt 75.000 EUR zzgl. 19% USt (= 14.250 EUR) abgerechnet. Die Leistungsphase 9 wird in 07-11/2020 erbracht. Hierfür werden 1.550 EUR zzgl. 16% USt (=248 EUR) in Rechnung gestellt.
Lösung
Da keine Teilleistungen vereinbart wurden, ist für die gesamte Leistung die USt von 16% zu berechnen, da die Leistung erst in 11/2020 bewirkt wird.
Somit entsteht in 11/2020 noch eine Mindersteuer von 3% aus 75.000 EUR. Im Rahmen der Schlussrechnung ist die bisher zu hohe USt zu berichtigen.
Baubranche
Bauleistungen stellen regelmäßig Werklieferungen gem. § 3 Abs. 4 UStG dar. Sie können auch als Teilleistung geschuldet und ausgeführt werden (siehe unsere Ausführungen zu Teilleistungen).
Liegen keine Vereinbarungen über Teilleistungen vor, unterliegt die gesamte Werklieferung dem Steuersatz zum Zeitpunkt der Fertigstellung und Abnahme des fertiggestellten Werks.
Werden einheitliche Bauleistungen in der Zeit ab dem 01.07.2020 bis 31.12.2020 ausgeführt und abgenommen, unterliegt die gesamte Leistung dem Steuersatz von dann 16 %, unabhängig davon, in welchem Umfang Teile des Bauwerks in der Zeit bis 30.06.2020 erbracht worden sind oder schon (mit 19 %) besteuerte Anzahlungen geleistet worden sind. Entsprechend ist die einheitliche Bauleistung dann wieder dem Regelsteuersatz von 19 % zu unterwerfen, wenn die Leistung nach dem 31.12.2020 ausgeführt wird.
Fahrschulen
Fahrschulen schließen mit ihren Fahrschülern Verträge über die praktische und theoretische Ausbildung zur Erlangung des Führerscheines ab und weisen in den Verträgen (schriftlich oder mündlich) die Grundgebühr, den Preis je Fahrstunde und die Gebühr für die Vorstellung zur Prüfung gesondert aus. Entsprechend sind auch die Abrechnungen durchzuführen.
Die einzelnen Fahrstunden und die Vorstellung zur Prüfung sind als Teilleistungen zu behandeln, weil für diese Teile das Entgelt gesondert vereinbart worden ist. Die durch die Grundgebühr abgegoltenen Ausbildungsleistungen können mangels eines gesondert vereinbarten Entgelts nicht in weitere Teilleistungen zerlegt werden.
Gastgewerbe
Für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen gilt ab 1.7.2020 – 30.6.2021 der ermäßigte Steuersatz. Davon betroffen sind auch Bereiche wie Cateringunternehmen, der Lebensmitteleinzelhandel, Bäckereien und Metzgereien, soweit sie mit der Abgabe verzehrfertig zubereiteter Speisen bislang Umsätze zum Regelsteuersatz erbracht haben.
Die Abgabe von Getränken unterliegt weiterhin dem vollen Steuersatz.
Beispiel
R betreibt ein Restaurant. Er bietet Speisen und Getränke ausschließlich zum Verzehr an Ort und Stelle an (kein Außer-Haus-Geschäft). Der Kunde K bestellt ein Mittagessen für 20 EUR und Getränke für 5 EUR.
Die Leistung des R erfolgt:
a) bis 30.06.2020
b) ab 01.07.2020 bis 31.12.2020
c) ab 01.01.2021 bis 30.06.2021
d) ab 01.07.2021
Lösung
R erbringt in allen Varianten wegen der Abgabe zum Verzehr an Ort und Stelle jeweils sonstige Leistungen, die steuerbar und steuerpflichtig sind.
a) Die Leistung (Speisen und Getränke) unterliegt insgesamt dem Steuersatz von 19 %.
b) Die Leistung unterliegt bzgl. der Speisen dem Steuersatz von 5 %, bzgl. der Getränke 16 %.
c) Die Leistung unterliegt bzgl. der Speisen dem Steuersatz von 7 %, bzgl. der Getränke 19 %.
d) Die Leistung (Speisen und Getränke) unterliegt insgesamt wieder dem Steuersatz von 19 %.
Anmerkung: Zahlt der Kunde dem Restaurantbetreiber noch ein Trinkgeld, ist es entsprechend dem Verhältnis der Speisen und Getränke mit 5 % zu 16 % bzw. 7 % zu 19 % aufzuteilen. Zahlt der Kunde das Trinkgeld dem Angestellten des Restaurantbetreibers, unterliegt dieses nicht der USt (und auch nicht der ESt).
Beispiel
Wie vorheriges Beispiel, jedoch werden das Mittagessen und die Getränke „außer Haus“ verzehrt.
Lösung
Es liegen jeweils Lieferungen vor, da das Dienstleistungselement nicht überwiegt. Diese Lieferungen sind steuerbar und steuerpflichtig.
a) Die Lieferung unterliegt bzgl. der Speisen dem Steuersatz von 7 %, bzgl. der Getränke dem Steuersatz von 19 %.
b) Die Lieferung unterliegt bzgl. der Speisen dem Steuersatz von 5 %, bzgl. der Getränke dem Steuersatz von 16 %.
c) Die Lieferung unterliegt bzgl. der Speisen dem Steuersatz von 7 %, bzgl. der Getränke dem Steuersatz von 19 %.
d) Die Lieferung unterliegt bzgl. der Speisen dem Steuersatz von 7 %, bzgl. der Getränke dem Steuersatz von 19 %.
Anmerkung: Milch- oder Milchmixgetränke mit einem Milchanteil von mind. 75 % des Fertigerzeugnisses unterliegen als „Außer-Haus“-Lieferungen dem ermäßigten Steuersatz von 7 % bzw. 5 %. Kaffee oder Tee als Getränk unterliegt dagegen dem allgemeinen Steuersatz von 19 % bzw. 16 %. Zwar unterliegt Kaffee oder Tee gem. Nr. 12 der Anlage 2 zum UStG dem ermäßigten Steuersatz. Dies gilt aber nur für Kaffee oder Tee in „Urform“, nicht dagegen als Getränk.
Hotelgewerbe
In diesem Bereich möchten wir auf drei Problemkreise hinweisen. Zum einen auf den Fall der langfristigen Buchung mit verbundener sofortiger (An-)Zahlung. Siehe hierzu unsere Ausführungen zu Anzahlungen und Abschlagsrechnungen. Zum anderen die Problematik, dass mit der Übernachtungsleistung weitere Nebenleistungen vorliegen. Hierzu folgender Beispielsfall:
Beispiel
Die Pension P vermietet einem Monteur im Juli 2020 ein Zimmer mit Frühstück für eine Woche. Der Monteur zahlt 60 EUR für die Übernachtung und 10 EUR für das Frühstück.
Lösung
Die Übernachtungsleistung unterliegt gem. § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG dem dann im Juli 2020 geltenden Steuersatz von 5 %. Das Frühstück stellt zwar entsprechend der Rechtsprechung des BFH eine Nebenleistung dar, die grundsätzlich das Schicksal der Hauptleitung teilt. Gleichwohl ist sie wegen § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG nicht ermäßigt zu besteuern. Das würde grundsätzlich einen Steuersatz von 16 % auslösen.
Die Frühstücksleistung ist aber als Restaurantdienstleistung gem. § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG ermäßigt mit 5 % zu versteuern. Dies gilt aber nicht für Getränke. Das bedeutet, dass der Kaffee oder Tee, das Glas Orangensaft etc. dem Steuersatz von 16 % unterliegen. Der einheitliche Preis für das Frühstück von 10 EUR ist im Wege einer sachgerechten Schätzung aufzuteilen. Sollte versucht werden Getränke unentgeltlich anzubieten, bleibt es dabei, dass im Rahmen einer sachgerechten Schätzung aufgeteilt werden muss.
Schließlich ist im Zusammenhang mit der Beherbergung noch die Problematik der Teilleistungen anzuführen.
Beispiel
Die Pension P vermietet einem Monteur ein Zimmer ohne Frühstück für die Zeit vom 25.06.2020 bis 09.07.2020. Es ist ein Preis für 12 Übernachtungen von 600 EUR für diese Zeit vereinbart.
Lösung
Die Leistung der Pension besteht als Übernachtungsleistung in einer sonstigen Leistung. Die-se Leistung ist ausgeführt im Zeitpunkt ihrer Vollendung. Das ist der 09.07.2020. Daher unterliegt die Leistung insgesamt dem Steuersatz von 5 %.
Teilleistungen könnten zwar grundsätzlich vorliegen. Dann würde der Steuersatz zum Zeitpunkt der Vollendung der Teilleistung gelten. Dazu müsste es aber eine Vereinbarung mit ei-nem bestimmten Preis pro Nacht oder pro Woche geben. Das mag vielleicht sogar vorliegen. Es müsste aber zusätzlich über diese Teilleistung auch noch separat abgerechnet werden, was im vorliegenden Fall bei einem Gesamtpreis von 600 EUR zu verneinen ist.
Handelsvertreter
Die Leistung des Handelsvertreters unterliegt, sofern sich die Entgeltsvereinbarung nach den §§ 87 ff HGB richtet, dem allgemeinen Steuersatz von 16 %, wenn der vertretene Unternehmer (Auftraggeber) die Lieferung oder sonstige Leistung an den Kunden in der Zeit vom 1.7. – 31.12.2020 ausführt.
Land- und Forstwirtschaft
Für pauschalierende Land- und Forstwirte i. S. d. § 24 UStG ist im ursprünglichen Formulierungsvorschlag des BMF an den Gesetzgeber keine Änderung der Steuersätze vorgesehen gewesen. Nunmehr erfolgt aber eine isolierte Änderung des § 24 UStG über § 28 Abs. 3 UStG-Entwurf, nach der die Steuersätze von 5,5 % und 10,7 % unangetastet bleiben. Lediglich der Steuersatz in § 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG (Lieferungen der in der Anlage 2 nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnisse und Getränke sowie alkoholische Flüssigkeiten ausgenommen …) wird von derzeit 19 % auf 16 % angepasst.
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