Finanzamt intern: So werden Steuererklärungen geprüft

Prüfung der Steuererklärung:

Seit Einführung der elektronischen Steuererklärung ELSTER ist die Übersendung von Belegen im Regelfall nicht mehr erforderlich. Der Computer übernimmt vielfach die Prüfung. Die Finanzverwaltung unterscheidet dabei zwischen risikoarm eingestuften Fällen und solchen mit risikobehafteten Sachverhalten. Steuerzahler werden dabei in Risikoklassen I bis III eingeteilt. Steuerzahler der Klasse I müssen mit den intensivsten Prüfungen rechnen. Welche Sachverhalte als risikobehaftet gelten, setzen die jeweiligen Oberfinanzdirektionen fest. Diese bestimmen die Prüfungsschwerpunkte jährlich neu und halten ihre Einschätzungen meist geheim. Nur die Oberfinanzdirektion Münster legt regelmäßig die Prüfungsschwerpunkte offen.

Prüfungsschwerpunkte:

Ganz oben auf der Prüfliste der Finanzämter steht das Arbeitszimmer. Im Bereich der OFD-Münster sind es u.a. die Finanzämter Arnsberg, Paderborn, Wiedenbrück oder Gütersloh, die beim Arbeitszimmer quer durch alle Einkunftsarten genauer hinsehen müssen. Die Beamten prüfen vor allem, ob das Arbeitszimmer als abgeschlossener Raum von den übrigen Wohneinheiten abgetrennt ist und es sich um kein Durchgangszimmer handelt. Ist ein Fernseher enthalten, ein Gästebett oder ein Klavier? Auch private Kleidungsstücke oder Unterhaltungsliteratur gehören zu den steuerschädlichen Utensilien. Steuerpflichtige, die Kosten für die doppelte Haushaltsführung geltend machen, müssen ebenfalls mit Überprüfungen rechnen. Dies gilt zumindest für das Erstjahr. Außerdem werden Vermieter auf Herz und Nieren geprüft. Prüffelder sind hier u.a. Inseratskosten zur Vermietung, Kosten für Telefon, Porto, Computer, Finanzierungskosten (Schuldzinsen) oder die Hausnebenkosten. Auch Fahrtenbücher stehen auf der Prüfliste. Denn an die Führung eines Fahrtenbuches sind strenge Regeln gesetzt. Zu den Prüfungsschwerpunkten bei den Kapitaleinkünften zählt nach Einführung der Abgeltungsteuer naturgemäß, ob Einkünfte aus ausländischen Vermögensanlagen verschwiegen worden sind. Werden ausländische Kapitaleinkünfte in signifikanter Höhe erklärt, schauen die Finanzbeamten oft noch besonders nach.

Stand: 12. Mai 2011

Bundesfinanzhof übt massive Kritik am Steuerrecht

Grenze der Verfassungsmäßigkeit:

Dass das deutsche Steuerrecht in vielen Fällen an die Grenze der
Verfassungsmäßigkeit stößt, ist allgemein bekannt. Der Bundesfinanzhof
(BFH) hat darüber lange geschwiegen – jetzt hat er die Initiative
ergriffen und dem Bundesverfassungsgericht sowie auch dem Europäischen
Gerichtshof diverse Grenzfälle vorgelegt. Es geht hier vor allem um
Maßnahmen aus der Koch/Steinbrück-Liste. Hier hatte das
Bundesverfassungsgericht bereits 2009 entschieden, dass der
Vermittlungsausschuss im Gesetzgebungsverfahren seine Kompetenzen
überschritten hätte.

Beispiel Biersteuer:

Etwas exotisch mutet der Vorlagebeschluss zur Erhöhung der Biersteuer
an (Beschluss vom 15. 2. 2011, Az VII R 44/09): Der Bundesfinanzhof
prangert hier die in dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 beschlossene Kappung
diverser Steuervorteile der Kleinbrauereien an. Diese Maßnahme stand u.a.
auf der Streichliste Koch/Steinbrück. Mit dieser Vorlage gerät das ganze
Haushaltsbegleitgesetz vermutlich ins Wanken.

Grunderwerbsteuer/Umsatzbesteuerung:

Die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist meistens der
Kaufpreis. Das ist legitim und daran rüttelt der BFH auch nicht. In
bestimmten Fällen aber fällt auf Grundstücksübertragungen eine Steuer an,
obwohl es tatsächlich gar nicht zu einer Veräußerung kommt. Dies ist z.B.
bei Unternehmensumwandlungen der Fall. Gibt es keinen Kaufpreis, wird die
Grunderwerbsteuer nach den so genannten – unzutreffenden – Bedarfswerten
ermittelt, die die Wertverhältnisse zum 1. Januar 1996 zugrunde legen. Das
BVerfG hat diese Werte bereits für Zwecke der Erbschaftsteuer verworfen.
Mit der Vorlage wird das BVerfG erneut Gelegenheit bekommen, sich mit
dieser Thematik zu beschäftigen (Beschluss vom 2. 3. 2011, II R 23/10).
Vorlage drei – diesmal an den Europäischen Gerichtshof – zeigt die
Willkürlichkeit der Umsatzbesteuerung auf. Es geht um
Pflegedienstleistungen, die in einem Fall steuerfrei und in einem anderen
Fall steuerpflichtig sind (Beschluss vom 2.3.2011, XI R 47/07).

Stand: 12. Mai 2011

Mahlzeitengestellung für Mitarbeiter

Verpflegungsleistungen:

Bei Auswärtstätigkeiten wird Arbeitnehmern im Regelfall die
Hotelübernachtung einschließlich Frühstück gestellt. Bucht und trägt der
Arbeitgeber alle Kosten, liegt umsatzsteuerlich keine unentgeltliche
Wertabgabe an den Arbeitnehmer vor. Der Arbeitgeber kann den
Vorsteuerabzug aus der Hotelrechnung vollumfänglich geltend machen und die
Spesen als Betriebsausgabe verbuchen.

Zuzahlung:

Nicht so großzügige Arbeitgeber verlangen von ihren Arbeitnehmern zu
den Frühstückskosten häufig eine Zuzahlung, im Regelfall in Höhe von bis
zu 20 % der steuerfreien Verpflegungsmehraufwendungen für 24 Stunden =
4,80 €. Damit treten Arbeitgeber stets in die Umsatzsteuerfalle. Denn die
Frühstücksgestellung erfolgt in diesem Fall als entgeltliche sonstige
Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer (BMF-Schreiben vom 5.3.2010,
BStBl 2010 I S. 259 sowie Verfügung der Oberfinanzdirektion Rheinland vom
17.2.2011).

Vermeidung der Umsatzsteuerfalle:

Soll eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung vermieden werden,
darf der Arbeitgeber nur den nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung
geltenden Wert für ein Frühstück von 1,57 € einbehalten. Für die
Frühstücksgestellung erfolgt in diesem Fall keine Umsatzbesteuerung (vgl.
Abschnitt 1.8 Abs. 13 des Umsatzsteueranwendungserlasses). Eine Zurechnung
der Frühstücksgestellung als geldwerter Vorteil zum Arbeitslohn entfällt
ebenfalls.

Stand: 12. Mai 2011

Fehler der Finanzämter: Wer zahlt drauf?

Fehlerquoten:

Etwa ein Fünftel aller Klagen, die Steuerzahler gegen ihr Finanzamt
einreichen, werden zugunsten der Kläger entschieden. Die tatsächliche
Erfolgsquote der Steuerzahler dürfte aber höher liegen, weil in vielen
Fällen die Finanzämter ihre Klagen zurückziehen bzw. der Klage
stattgeben.

Prüfpflicht Finanzamt:

Die hohe Anzahl an Klageerfolgen lässt im Umkehrschluss zu, dass einige
der Steuerbescheide, die die Finanzbehörden erlassen, fehlerhaft sind. So
auch in jenem Fall, den das Finanzgericht Rheinland Pfalz zu entscheiden
hatte. In dem Fall machte ein Verkaufsleiter neben den Fahrtkosten für
seine regelmäßig besuchten Filialen auch noch Reisepauschalen für
Dienstreisen in Form von Verpflegungsmehraufwendungen geltend. Letztere
standen dem Steuerpflichtigen natürlich nicht zu. Denn er ist ja
tatsächlich nicht täglich auf Dienstreise gegangen. Das Finanzamt forderte
Steuern nach. Dagegen klagte der Steuerpflichtige und bekam Recht.

Das Urteil:

Das Finanzgericht Rheinland Pfalz hat hier entschieden, dass sich die
Finanzbehörde den Fehler selbst zuzuschreiben habe und der Verkaufsleiter
nicht nachzahlen müsse. „Ein Steuerbescheid ist nicht wegen neuer
Tatsachen zu ungunsten des Steuerpflichtigen zu ändern, wenn dieser mit
seiner Steuererklärung alle erheblichen Tatsachen erklärt und die Belege
hierzu vorgelegt hat, auch wenn er die unzutreffenden rechtlichen
Schlussfolgerungen daraus gezogen und deshalb unzutreffende
Besteuerungsgrundlagen erklärt hat“, so das Gericht (Urteil vom 22.2.2011,
3 K 2208/08).

Stand: 12. Mai 2011